Begriffslexikon – Antike Moebel

Begriffslexikon

Barock ca. 1575-1770

Als Barock (portugiesisch barocco = unregelmäßig) wird die Stilepoche der europäischen Kunst von 1575 bis ca. 1770 bezeichnet. Diese teilt sich wiederum in drei Epochen: Frühbarock bis ca. 1650 (Knorpelstil), Hochbarock von 1650 bis ca. 1735 (Akanthus- u. Bandelwerkornamente) und Spätbarock oder auch Rokoko genannt von 1735 bis ca. 1770 (Muschel/Rocaille-Ornamente).

Da das Barockzeitalter nahezu zweihundert Jahre umfasst, ist es kaum möglich, eine Charakteristik zu finden, die auf alle Werke zutrifft. Jedenfalls aber kann der Barock insgesamt der Stil des „Höfischen“ genannt werden.

Während im Früh- u. Hochbarock vorwiegend kantig-strenge Grundformen vorherrschen, führt das Spätbarock fast jedes Element in geschweifte und gebogene Formen über. Schwingende, konkave und konvexe Formen, Kuppeln, Säulengruppen, Giebel- und Fensterbekrönungen mit reichem ornamentalem Schmuck sollen den Eindruck von Kraft und Bewegung hervorrufen, prunkvoll und symmetrisch anmuten. Der Einfluss kirchlicher Stilarten tritt in den Hintergrund, die barocken Formen zeichnen sich durch Üppigkeit und Prachtentfaltung aus. Ein gutes Beispiel ist z.B. Schloss Versailles, das Prunkschloss Ludwig XIV, welches wiederum Vorbild für viele Arten von Schlossbauten und geometrisch gestalteten Garten- u. Stadtanlagen wurde (Karlsruhe, Mannheim).

Weitere Aspekte im Ausdruck dieses Zeitalters waren das Streben nach Reichtum, Pracht, Präsentation und Veränderung. Frankreich übernimmt mit seinen Königen die kulturell führende Rolle in Europa, aber auch Italien, Holland, England und Deutschland entwerfen jeweils eine oder mehrere landestypische barocke Stilformen, welche kraftvolle üppige Formen und reich geschmückte und prächtige Repräsentations-Objekte zum kunsthandwerklichen Ziel haben.

Das Barock ist eine Epoche der Machtsteigerung, der zunehmenden Unabhängigkeit der Fürsten und des Absolutismus. Die Barockkunst wurde benutzt, um Reichtum und Macht zu zeigen.

Louis-Seize/Louis XVI. ca. 1760-1790

Der Louis-Seize (auch: Louis XVI, vorrevolutionärer Klassizismus) ist eine Stilrichtung der französischen und französisch beeinflussten europäischen Kunst und Architektur des 18. Jahrhunderts zwischen 1760 und 1790 und ist benannt nach König Ludwig XVI. Meist wird der Louis-Seize-Stil nochmals in zwei Phasen unterteilt, von 1760 bis etwa 1774 und von 1775 bis 1790 und bildet den Übergang zwischen Rokoko zum Klassizismus.

Im Louis-Seize entstanden neben Kirchen und den Schlössern und Palästen der Adeligen in der Architektur auch bemerkenswerte Kommunalbauten, wie Rathäuser, Gerichtsgebäude, Krankenhäuser etc. Der Begriff Louis-Seize wird außer in der Architekturgeschichte aber vor allem für Gegenstände der Inneneinrichtung, insbesondere für einen Möbelstil verwendet. In Deutschland entspricht ihm etwa der Zopfstil, in Österreich sprach man vom Josephinismus.

Entscheidend beigetragen zur Gestaltung der Verzierungen im Louis-Seize haben die in 30 Folgen erschienenen Ornamentstiche Henri Salembiers und die Luxusmöbel Jean-Henri Rieseners. Gekennzeichnet ist der Louis-Seize zum einen durch die Ablösung abstrakt barocker Formen (Rocaille = muschelförmiges Ornament) durch geometrische Formen sowie dezent naturalistische Applikationen wie Blumenkörbe, Zweige, Vögel, Fruchtstäbe, Fruchtgehänge, Girlanden und Festons (franz. Girlanden), Bänder und zum anderen durch die klassizistische Orientierung an der Antike mit Mäanderornamenten, Medaillons, Trophäenschmuck, Musikinstrumenten und Attributen der verschiedenen Künste und Wissenschaften.

Charakteristisch für den Louis-seize ist ferner, dass die Beine der Möbel nicht mehr geschwungen sind, wie bei den letzten Stilepochen sondern gerade, mit rundem Querschnitt. Beliebte Möbel des Louis-Seize waren die Voyeuse (franz. Sitzmöbeltyp) und die schon ca. 1740 aufgekommene Bergère (franz. Polstersessel). Als zeitgenössische Eigenentwicklung gilt der so genannte Louis-Seize-Stuhl. Die Übergangsphase, von 1755-1760, zwischen dem Louis-Quinze, dem französischen Rokoko und den klassizistischen Formen, wird häufig als Transition oder „Übergang“ und der Louis-Seize als vorrevolutionärer Klassizismus bezeichnet. Er wurde zuerst 1795 vom Direktorium (1795-1799) abgelöst und in Folge schließlich vom Konsulat.

Klassizismus ca. 1760/80-1820/30

Der Klassizismus ist der (unter Einbeziehung des Empire) das klassische Altertum nachahmende Stil in der Bildenden Kunst, vor allem bezüglich der Kunst in der Zeit von 1760/80 bis 1820/30.

Das Wort Klassizismus ist eine Bezeichnung aus dem rein deutschen Sprachraum, überall sonst spricht man vom Neoklassizismus. Zum ersten Mal wurden schon im so genannten „Augusteischen Klassizismus“ unter Kaiser Augustus (27 v. Chr.-14 n. Chr.) zahlreiche Bildhauerarbeiten aus der klassischen Epoche der griechischen Kunst kopiert. Bis zum Ende der römischen Kaiserzeit 476 n. Chr. traten immer wieder klassizistische Strömungen auf, in denen griechische Kunstwerke als Vorbild dienten.

Als Reaktion auf Barock und Rokoko bevorzugte der Klassizismus geradlinige kubische Formen. Charakteristisch ist das beabsichtigte Zurückgreifen auf Elemente griechisch-römischer Kunst mit ihrer einfachen Gliederung und den klaren gesetzmäßigen Formen der klassischen Baukunst. Die Möbel wurden wieder schwerer und napoleonische Embleme wurden vermieden. Für den Klassizismus kennzeichnende Dekor-Motive des Kunsthandwerks waren u. a. Ruinendarstellungen, Urnen, Sphinxe, Embleme, Trophäen und antik gekleidete Frauenfiguren. Häufig dargestellt sind z.B. Frauen mit Wasserkrügen und Körben auf dem Kopf. In der Skulptur haben die Figuren einen feierlich ernsten Ausdruck, es wurden klare Linien ohne Schnörkel bevorzugt.

Im Gegensatz zu den vorangegangenen Stilen Barock und Rokoko, die in erster Linie vom Adel getragen wurden, war der Klassizismus auch eine Ausdrucksform des gehobenen Bürgertums. Beeinflusst wurde der Trend zu Beginn des 19. Jh. auch durch die Erfindungen von Dampfschiff und Eisenbahn sowie durch die immer stärker werdende Industrialisierung. Dem Bürgertum brachte der damit verbundene Handelsaufschwung Vermögen, das es zum Teil für neue Häuser, verziert mit Säulen, Atlas-Figuren als Gebälkträger und anderen Bauplastiken verwendete.

Im deutschen Sprachraum wurde der Klassizismus ca. 1815 durch die romantische Strömung des beginnenden Biedermeier verdrängt.

Empire ca. 1800-1815/1830

Das Empire ist die Bezeichnung für die Kunstepoche während der Herrschaft Napoleons I. und die auf Direktorium und Konsulat folgende französische Spielart des Klassizismus von 1800 bis 1820, oft auch Napoleon-Stil genannt. Zur Darstellung des Monumentalen wurden z.B. in Paris ganze Stadtviertel mit geraden und langen Straßen und einheitlichen Gebäudefassaden neu angelegt. Teilweise passte man aber auch bestehende Gebäude durch Umbauten und Ergänzungen dem neuen Empire-Stil an. Umgestaltet wurde auch das Interieur vieler Schlösser, etwa das von „Fontainebleau“ und vom „Chateau des Malmaison“ bei Paris, dem Wohnsitz des Kaiser Napoleons und seiner Frau Josèphine. Typisch war nun z.B. in den Räumen die Einteilung der Innenwände in abgegrenzte Felder durch Stuckprofile und Wandspiegel. Sämtliche Motive wurden in der Raumausstattung nun aus Stuck gestaltet und bei der Möbelherstellung in Form von Einlagen sowie vergoldeten Bronzebeschlägen dargestellt.

Von Frankreich ausgehend, wurde die Architektur ganz Europas vom Empire beeinflusst. Viele Plätze wurden im Empire-Stil angelegt, beispielsweise der Marktplatz in Karlsruhe. Besonders stark vertreten war das Empire außerdem in Kunsthandwerk, Möbelherstellung, Goldschmiedekunst und in der Kleidermode (helle, einfarbige, in einer Schleppe auslaufende Empirekleider).

Häufig wird das Empire nach der Pracht und dem Prunk des Barock und des Rokoko als Stil beschrieben, in welchem die Einfachheit dominiert. Trotz aller Geradlinigkeit wurden jedoch alle Gegenstände in dieser Epoche mit einem einfallsreich kombinierten Dekor versehen. Bei den Empire-Möbeln waren begrenzende Leisten und Säulen aus Ebenholz oder schwarz gebeiztem Holz und maskuline architektonische Formen mit massiven Ormulu-Beschlägen (Goldbronze) beliebt. Zu den bekanntesten Pariser Ebenisten des Empires zählte François Jacob-Desmalter. Er beschäftigte bis zu 300 Mitarbeiter und war einer der bekanntesten Möbelhersteller Napoleons I. Für seine Erzeugnisse lieferten Charles Percier und Pierre Fontaine die Entwürfe, welche beide zu den prägenden Persönlichkeiten des Empire gehörten. Ihre persönliche Vorliebe für die Antike spiegelt sich im französischen Empire wieder.

Nach dem Sturz Napoleons im Jahr 1815 wurde das Empire vom Restaurations-Stil abgelöst. Im Rest Europas währte die Zeit des Empire bis ins Jahr 1930.

Biedermeier ca. 1815-1848

Die Biedermeier-Zeit beginnt um 1815 (Frühbiedermeier) zum Ende des Wiener Kongresses, erreicht ihre feinste Ausprägung zwischen 1820 und 1830 (Spätbiedermeier) und reicht bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution um 1848. Der errungene Sieg des Bürgertums über die Vorrechte der Aristokratie, die Gewährung von Verfassungen und Pressefreiheit, die Einführung der Gewerbefreiheit und sich daraus entwickelnde Gewerbevereine, regelmäßige Industrie-Ausstellungen, Auslagen von Fachzeitschriften in Bibliotheken oder Lesezirkeln entsprachen dem breiten Bedürfnis nach Bildung und technischem Wissen während dieser Zeit. Es gab zwar in technischer Hinsicht auch vielerlei Neuerungen bei Werkzeugen und Maschinen wie z.B. den Fuchsschwanz, verbesserte Hobel, Maschinen zum Hobeln, Sägen, Bohren, Schlitzen oder Furnierschneiden. Bezeichnend für diese Zeit mag aber die Tatsache sein, dass diese keinen wirklichen Eingang in die Werkstätten fanden, sondern man dem Traditionellen weiterhin verbunden blieb.

Um 1816 lebten noch ca. 90% der Bevölkerung unter einfachsten Verhältnissen auf dem Lande. Maße und Münzen waren nicht genormt, die Städte ohne Beleuchtung. In Berlin wurden beispielsweise erst um 1826 die ersten Gaslaternen aufgestellt. Abwasser floss in offenen Rinnen neben den Bürgersteigen, das Wasser holte man mit Eimern von der Pumpe. Es gab kein gemeinsames Postwesen und auch keine Briefmarken. Die Isoliertheit der damaligen Orte sowie auch die genannten sozialen Umstände bildeten zusammen mit der damaligen politischen Repression die drei wesentlichen Faktoren für die biedermeierliche Lebensform des nach Befreiungskriegen erstarkten Bürgertums, die sich vor allem in Introvertiertheit äußert und noch heute allzu gerne verkitscht wird.

Um die Möbelkunst des Biedermeier in ihrer Gesamtheit zu erfassen, bedarf es eines Rückblicks auf vorangegangene Stilepochen, nämlich den Ende des 18. Jahrhunderts vorherrschenden Louis-XVI-Stil und auf das in den ersten 15 Jahren des 19. Jahrhunderts regierende Empire. Diese Zeitspanne, zusammen mit den sich daran anschließenden 30 Jahren des Biedermeier, bezeichnet man in ihrer künstlerischen Ausdrucksform allgemein als Klassizismus. So verschieden der elegante Louis-XVI-Stil, das monumentale Empire oder das bürgerlich liebenswerte Biedermeier auf den ersten Blick auch scheinen – alle drei Stile des Klassizismus mit all ihren Merkmalen gründen aus derselben kunstgeschichtlichen Wurzel – der Antike.

Die Ausbreitung des Biedermeier-Stils fand vorwiegend im deutschsprachigen Raum statt und steht für die bürgerliche Wohnkultur. Die Möbel waren dabei nicht mehr nur dekorativ, sondern auch zweckmäßig und funktional. Schnitzereien, Vergoldungen und Verzierungen traten in den Hintergrund, Säulen und Profilleisten sowie konische Vierkant- oder Rundbeine wurden beliebt, alles sollte einfach und glatt sein. Die Sitzmöbel mit ihren durchbrochenen Rückenlehnen unterstreichen das Streben nach „Leichtigkeit“ und boten die Möglichkeit, Dekorationselemente wie die Urnenvase, die Lyra und andere Motive der Antike zu verarbeiten. Es entstanden verschiedenste, auch mobile Möbel (Arbeitstischchen, Etagéren, Toilettenschränkchen, Zylinderbureau u.v.m.), geprägt von natürlicher Schönheit, Schlichtheit und Eleganz und unter sorgsamer Auswahl des zu verarbeitenden Holzes.

Louis-Philippe ca. 1840-1870

Aus kunstgeschichtlicher Sicht zählt das Louis-Philippe zwischen 1840 und 1870 in Stil und Ausdrucksform zur frühen Phase des Historismus und wird deshalb auch als Neorokoko oder zweites Rokoko bezeichnet, in welchem der Rokoko-Stil des 18. Jahrhunderts wieder auflebt.

Der Louis-Philippe-Stil hat seinen Ausgang in Frankreich und wurde nach dem dort von 1830 bis 1848 regierenden Bürgerkönig Louis Philippe („König der Franzosen“) benannt. Unter seiner Regierung nahm das Bürgertum und mit ihm auch die französische Wirtschaft einen ungeheuren Aufschwung, nicht zuletzt durch den Bau der ersten Eisenbahnlinien. Die Industrialisierung lief an und allmählich entstand ein Proletariat. Die Bürgernähe des Königs und ein aufstrebendes Bürgertum waren ursächlich für die Ausbreitung eines höfischen Stils, der dank teilweiser industrieller Fertigung und ökonomischer Abwandlung für weite Kreise der Bevölkerung bezahlbar wurde. Wegen seiner eleganten Gestaltung und seiner modernen Interpretation jedoch wurde der Louis-Philippe-Stil auch bis in die Kreise der Aristokratie wert geschätzt und galt in der Zeit von 1840 bis 1870 auch als Repräsentationsstil.

Louis-Philippe-Möbel sind gekennzeichnet durch eine umfassende Schweifung und Schwingung. Verglichen mit dem Biedermeier-Stil erscheint das Louis-Philippe als ausgesprochen formbewegte und ausgeschmückte Stilrichtung und löst insgesamt die biedermeierlich fest umrissenen Konturen auf. Die Konturen fließen nach allen Richtungen aus und es gibt kaum Kanten, welche die Kurvigkeit unterbrechen. Der leichte Bogen des Biedermeier entwickelte sich zur Schweifung. Rückenlehnen, Beine und Füße der Möbel erscheinen schwungvoller und formbewegter. Schubladen erhielten Wellungen und Schwellungen. Weitere Merkmale waren Motive des Rokoko wie z.B. Voluten, Kartuschen, Rocaillen, Rahmenschnitzereien, Ovalformen, bewegte Füllungsrahmen, Flammleisten und geschweiftes und krönendes Schnitzwerk. Um 1840/1850 gewinnen die wieder aufgenommenen Formen des Rokoko eindeutig die Überhand.

Gründerzeit ca. 1871-1918

Gründerzeit – in Deutschland auch Neorenaissance genannt – beginnt mit der Gründung des deutschen Kaiserreichs im Januar 1871 und dauert an bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs im Jahr 1914. Ihr absolutes Ende findet die Gründerzeit zusammen mit dem Ende der Kaiserzeit um 1918.

Der medizinische Fortschritt sowie revolutionäre Erfindungen in Forschung und Technik in der Jahrhundertwende bringen für die meisten Menschen eine Verbesserung der Lebensqualität und deutlich mehr positive Lebenserwartung mit sich. Die Verdoppelung der Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1875 erschuf neue Bedingungen auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts kann die Landwirtschaft die ländliche Überschussbevölkerung nicht mehr beschäftigen, viele kleine Betriebe drohen, zu verarmen. Die fortschreitende Industrialisierung in den Städten jedoch profitiert von diesem Umstand und kann die aufkommende Massenarbeitslosigkeit gut ausgleichen. Landarbeiter wandern in großer Zahl in die Städte ab, es kommt zu tief greifenden Umstrukturierungen in Produktion und Konsum.

In der Gründerzeit-Wohnkultur und dem Gründerzeit-Möbelstil spiegelt sich fast ein halbes Jahrhundert deutscher Kulturgeschichte wider. Sie beinhalten typische, unverwechselbare Komponenten und Merkmale, welche die Gründerzeit als Ausformung einer nationalen Stilauffassung des Historismus (Spätklassizismus, Neoromanik, Neogotik und Neoklassizismus) ausweisen und geprägt sind von Zusammenwirken von Kunst und Industrie. Der sich verbreitende Wohlstand in mittelständischen und gehobenen Gesellschaftsschichten fördert das Aufkommen von vielen möbelherstellenden Betrieben in Deutschland. Die Nachfrage nach einem modernen und individuellen Einrichtungsstil war derart hoch, dass Möbelfirmen und Ausstattungshäuser Prospekte und Kataloge ihrer Programme ausgaben. Es fanden z.B. Musterschauen von fertigen Möbeln für jedermann statt. Der Gang zum Schreiner und der Auftrag zur Fertigung eines Möbels an diesen gehörten der Vergangenheit an.

Die Gründerzeitmöbel sind sehr repräsentative Möbel. Es wurden reich verzierte Buffets und schwere Tische bevorzugt. In dieser Zeit sind Kleinmöbel eher selten. Die Grundformen sind kantig, aber reich gegliedert und ausgeschmückt durch Säulen, Kapitelle, Kannelierungen, Baluster und vieles mehr. Verarbeitet wurden hauptsächlich Hölzer wie Nussbaum oder Eiche. Besonders aufwendig gestaltet und wahre tektonische Prachtstücke sind Gründerzeit-Türen mit Gestaltungselementen aus den Möbeln, Fenster mit Bleifassungen und geometrischen Glasaufteilungen, bemalt und/oder butzenscheibenverziert (Flaschenboden oder Ochsenauge).

Jugendstil ca. 1890-1920

Der Jugendstil oder Art nouveau (Frankreich und Belgien) ist eine kunstgeschichtliche Epoche, welche etwa um 1890 ihren Ausgang nimmt und bis 1920 andauert. Er findet seinen Ursprung in der illustrierten Kulturzeitschrift „Die Jugend“, welche 1896 in München gegründet wurde und entsprang der Gegenbewegung junger Künstler und Kunsthandwerker zum rückwärtsgewandten Historismus und Akademismus.

Literatur, Geisteswissenschaften, die fortschreitende Technisierung im 19. Jahrhundert hatten Maßstäbe gesetzt, denen das traditionelle Kunstschaffen nicht mehr willens und imstande war, zu folgen. Das Durchdringen des Lebens mit Kunst war die Aufgabe, die sich die Jugendstil-Künstler in allen Ländern gestellt hatten. Auch begriff man das Mobiliar nicht mehr als architektonisches Gebilde, sondern als Plastik. Da im Jugendstil völlig neue und eigene Stilformen und Ornamente entwickelt und umgesetzt wurden, wird diese Epoche auch gerne als „Modern Style“ (England u. Amerika), „Stile Florale“ (Italien) oder „Sezessionsstil“ (Österreich) bezeichnet.

Beim Jugendstil zeigt sich ein Ablauf von üppig floraler Gestaltung (plastisches Ornament) hin zum grafischen, bewegt linearen Ornamentfluss (Serpentinen-Tänzerin, Schleiertänze der Loíe Fuller) bis schließlich zum Vorläufer der Moderne, einen betont kubischen Ornamentstil. Zarte Blattformen ranken sich mit Leichtigkeit zu einem Geschmeide, Mädchenkörper steigen aus geöffneten Blumenkelchen, wallendes Frauenhaar als faszinierendes Ausdrucksmittel fülliger Bewegung und Lilie, Orchidee, Wasserrose und Schmetterling erscheinen wie in einem symbolistischem Reiz ebenso wie Plüsch und Palmenwedel. Entblößte Frauengestalten werden zu einem unerlässlichen Dekorationselemt. In der Glaskunst wird die Künstlerpersönlichkeit Emile Gallé zum Protagonisten einer ganzen Strömung. Seine Formensprache beruht auf seiner Vorliebe für Blumen und Pflanzen.

Art Deco/ 20er Jahre

Um 1920 wird in Deutschland der ausgereizte Jugendstil vom futuristischen Art Deco Stil abgelöst. Art Deco ist zu einem Begriff geworden, der sich für die angewandte Kunst zwischen den beiden Weltkriegen etabliert hat. Und der Glanz der Welt war um eine neue Schönheit bereichert – der Schönheit der Geschwindigkeit.

Diese Perspektive des Art Deco war jedoch nicht die Einzige, es mischten sich noch andere Dimensionen, vor allem eine pragmatische und auf die Produktion konzentrierte Konstruktivität mit einem teuren Kitschstil. Auf der einen Seite ein hoher Anspruch nach Maßstäben konventioneller Kunstkriterien und auf der anderen Seite Grenzen sprengender Nonkonformismus. Es finden sich anspruchsvolle retrospektive Gestaltung, Kitschdesigns, anachronistischer Materialfetischismus und ägyptische Reminiszenzen (sowohl aus Lapislazuli als auch aus Plastik).

Futuristisches, Restauratives, Konstruktives, billiges Industrieprodukt und teuerstes Kunsthandwerk: Teeservice in Form von offenen Sportwagen, Uhren in abstrakten Formen, Kühlerfiguren aus Glas, Zigarettenetuis mit kubistischen Mustern, Miniatur Bars, chromblitzende Teewagen, Toilettengarnituren, Flakons, Aschenbecher und kitschige Statuetten aus Elfenbein und schimmerndem Metall. Der Kitsch-Aspekt brachte Schlangentänzerinnen, Pin-up-Mädchen, meditierende Schönheiten, Charleston tanzende Paare genauso wie Windhunde, Amazonen, Rennfahrer und Flieger hervor. Mit dem Einfluss der Entdeckung des Grabes von Tut-ench-Amun im November 1922 z.B. wurden Sonnenmotive, Skarabäen, Hieroglyphen und stilisierte Schlangen schlagartig hochmodern. Hier wurden sogar Kinoeinrichtungen auf ägyptisch umdekoriert, Tapeten mit ägyptischen Mustern gedruckt und ägyptische Sonnenkönige auf billigen Keramikaschenbechern nachgebildet.

Als Hauptzentrum des Art Deco wird Paris genannt, das in den zwanziger Jahren zur Welt-Metropole des Kunsthandwerks geworden ist. Im Möbel- bzw. Sitzmöbelbau machte sich z.B. Ludwig Mies van der Rohe seinen Namen. Die Art Deco Zeit endete ca. 1940.

50er Jahre

Die 50er-Jahre sind als Wiederaufbau-Zeit nach dem zweiten Weltkrieg zu bezeichnen. 1950 wurden BRD und DDR geteilt, nur ein Jahr später besteigt Königin Elisabeth II. den englischen Thron, also im gleichen Jahr, in welchem die Schauspielerin Hildegard Knef mit ihrer Nacktszene im Film „Die Sünderin“ die Gemüter dieser Zeit bewegte. Man erinnert sich noch daran, dass z.B. Deutschland 1954 Fußball-Weltmeister wurde und dass im Jahr 1955 bei VW der millionste Käfer vom Band rollte.

Der Rock´n Roll wurde zum Soundtrack eines neuen Lebensgefühls. Im Jahr 1958 war Elvis Presley das erste Mal in Deutschland und spätestens seit Bill Haleys „Rock around the clock“ hatten sich auch die deutschen Heranwachsenden mit dem neuen musikalischen Virus infiziert. In Berlin, Hamburg, Essen und Stuttgart zerlegten Fans die Inneneinrichtung der Konzertsäle. Die Löhne steigen, die Arbeitszeit sinkt und eine neue Lässigkeit ergreift die Deutschen – zumindest die deutschen Jugendlichen oder damals auch Halbstarke genannt. Mit der Zigarette im Mund, der modischen Lederjacke und dem laut knatternden Moped entsetzten sie ab Mitte der 50er Jahre die braven Bundesbürger.

Erstmals gab es eine eigene Jugendmode und die Heranwachsenden waren fest entschlossen, ihren modischen Stil auch gegen den Willen der Eltern auszuleben. Nicht nur junge Männer fielen mit Jeans, Lederjacke und spitzen Lederstiefeletten auf. Auch in der Mädchenmode bahnte sich eine Revolution an. Als die ersten jungen Frauen in Hosen die Schule betraten, hagelte es Verweise und Aufschreie.

Mit dem Wirtschaftswunder hatten die Menschen in Deutschland auch langsam wieder Geld, um sich stilvoll einzurichten. Verspieltes war nicht gefragt, sondern gradliniges Design mit maximal gestreiftem oder zart kariertem Muster. Wer etwas auf sich hielt, vereinte in seinem Wohnzimmer Tütenlampe, Nierentisch und Cocktailsessel. Zierliche Polstersessel in Schalenform auf Metall- oder Buchenholzbeinchen begleitet von Nierentischen oder Dreieckstischen in allen Größen und Höhen. Geschwungene Sitzmöbel in grau/beige/altrosa, wobei die Couch mit Veloursamt und Bouclestoff auch als Gästebett fungierte. Futuristisch moderne Möbel in Ahorn und Nussbaum, große Pflanzen auf zierlichen Blumenhockern und alles in schönen Pastellfarben. Und die dezent geblümten Vorhänge durften genauso wenig fehlen wie der mit Kurbel verstellbare Couchtisch. Kleine Regale für Bücher waren über lange Zeit sehr beliebt. Radios waren in den 50er-Jahren noch der Mittelpunkt des Wohnzimmers und die klassische Musiktruhe mit Röhrenradio und Plattenspieler war eine Luxus-Anschaffung